Bombenstimmung

Seit einem Jahr leben wir im Ausnahmezustand: Umarmungen sind verboten, Angst um die Großeltern, Veranstaltungen und soziales Leben wurden eingefroren, an spontanes Shoppen ist gar nicht zu denken, jeden Tag zur Arbeit gehen und Geld verdienen ist für viele mittlerweile nur noch Wunschdenken. Schlimmer geht nicht? Oh doch…

 

Bei Bauarbeiten werden immer wieder Weltkriegsbomben gefunden, so auch gestern (25.03.2021) in Bottrop Boy. Während das folgende Szenario in der Vergangenheit reibungslos funktionierte, endete die gestrige Evakuierung in einer Katastrophe.

 

Zu den Bewohnern die ihre Häuser verlassen mussten, gehörten vor allem auch Senioren, die teilweise schwach und nicht gut zu Fuß sind. Angehörige von Bewohnern der Seniorenwohnanlagen an der Kraneburgstraße durften nicht mehr in das „Sperrgebiet“, um sie abzuholen. Während das Caritas-Wohngebäude bereits frühzeitig geräumt wurde, hatte man die Bewohner des AWO-Gebäudes dahinter scheinbar vergessen, denn sie wurden erst gegen 16 Uhr informiert. Im Anschluss standen sie ganze 2 Stunden an der Straße und warteten auf ihren Transport zum Lokschuppen, ihrer vorübergehenden Bleibe.

 

Die geplante Entschärfung um 16:30 Uhr verzögerte sich: Transportmöglichkeiten fehlten. Auch gab es immer wieder Personen, die sich in die Gefahrenzone verirrten. Neben unwissenden Senioren, die nach dem Einkaufen nicht mehr nach Hause durften, gab es auch Anwohner im Gefahrengebiet, die gar nicht darüber in Kenntnis gesetzt worden waren, dass sie ihre Häuser verlassen mussten. Information und Organisation: Ein totales Chaos! Man könnte meinen, dass Bottrop noch nie eine Evakuierung durchgeführt hat…

 

Die wartenden Senioren von der Kraneburgstraße wurden am Abend schließlich durchgefroren eingesammelt: Ein Duzend Krankentransporte, sowie getrennte Busse für die geimpften- und nicht geimpften älteren Herrschaften standen zur Verfügung. Der Lokschuppen war bereits voll, als die (vergessenen) Senioren ankamen: In ihrer kleinen „Reisegruppe“ durften sie die Wartezeit im Bus verbringen. Toilette und Getränke standen zudem für jeden kostenlos zur Verfügung. Gegen 19:30 Uhr sollte dann schließlich die Entschärfung beginnen. Eine gute Stunde später war aber klar: Die Bombe kann nicht entschärft werden und sollte heute kontrolliert gesprengt werden.

 

Die heutige Evakuierung lief bedeutend organisierter ab und war gegen 10:40 Uhr abgeschlossen. Die Sprengung verzögerte sich dennoch immer wieder, da einige Bewohner ihre Wohnungen nicht verlassen wollten.
Um kurz vor 13 Uhr gab es dann im 500 Meter Radius ein kleines Erdbeben und schließlich informierte die Feuerwehr Bottrop in den sozialen Medien, dass die Sprengung erfolgreich war und alle Bewohner wieder nach Hause dürften.

 

Trotz der schlechten Organisation gestern, sowie durch die vielen uneinsichtigen Personen, gibt es dennoch positive Erlebnisse: Die Feuerwehr Bottrop informierte durchgehend und vorbildlich in einem Newsticker über die aktuelle Lage und die älteren Herrschaften fühlten sich in ihrer vorübergehenden Unterbringung sehr gut aufgehoben. Von den hilfsbereiten Sanitätern wurden die Senioren heute mit Getränken, Bockwürsten und zum Abschied mit einem Schokoriegel verwöhnt. Es wurde sich in dieser zusätzlichen Ausnahmesituation liebevoll und mit ausreichend Abstand um unsere Angehörigen gekümmert.

Danke!

 

Veröffentlicht am 26.03.2021 auf wir-lieben-bottrop.de

Text und Bild von Stefanie Vollenberg